Glasperlen für die Neue Welt

Do, 23. Mai 2019, 18.30
Vortrag in der Welser Straße 20

Mag. Dr. Kinga Tarcsay (Museen der Stadt Wien), Mag. Wolfgang Klimesch (Archeonova)

Das Grabungsprojekt „Glashütte Schwarzenberg“ kam auf Initiative des Heimatforschers Konsulent Franz Haudum zustande und konnte in Kooperation mit dem OÖ Landesmuseum und dem Bundesdenkmalamt durchgeführt werden. Eine Eingrenzung der Fundstelle wurde durch die vielen Lesefunde von Abfällen der Glasproduktion sowie die Ergebnisse einer archäologisch-geophysikalische Prospektion, welche im Mai 2013 von dem Marburger Unternehmen Posselt & Zickgraf durchgeführt worden ist, ermöglicht.
Vom 4. bis zum 8. September 2017 fanden schließlich die feldarchäologischen Untersuchungen statt. Der Ofen besitzt einen halbrunden Abschluss und konnte auf einer Länge von 3,80 m freigelegt werden. Das Mauerwerk besteht aus Granitbruchsteinen, die in Trockenmauertechnik gesetzt wurden. Der Ofen stand innerhalb einer Holzhütte, die auf der Franziszeischen Landesaufnahme von 1817 noch zu sehen ist. Etwa zehn Jahre später, bei der Erstellung des Franziszeischen Katasters, wurden auf dem Grundstück keine Gebäude mehr eingetragen.

Zum umfangreichen Fundmaterial gehören vor allem zahlreiche vielfältig geformte, gewickelte und gedrückte Perlen aus farbigem Glas sowie deren Fertigungsabfall. Auch fanden sich verschiedene Hohl- und Flachglasfragmente, wobei das Spektrum noch renaissancezeitliche Gläser in venezianischer Art, aber auch schon barockzeitliche Glasarten umfasst, welche ab dem 3. Viertel des 17. Jhs. aufkamen und v. a. um 1700 bzw. Anfang des 18. Jhs. geläufig waren. Zum Teil handelt es sich bei diesem Material vermutlich um zugeliefertes Altglas, es gibt aber auch eindeutige Hinweise auf eine Hohl- sowie Flachglasproduktion vor Ort. Zu den sonstigen hüttenspezifischen Funden zählen Fragmente diverser technischer Keramikformen wie Glasschmelzhafen und Kühlgefäße sowie Ofenbauziegel. Insgesamt spricht das Fundmaterial für einen Betrieb der Glashütte zumindest ab dem 3. Viertel des 17. Jhs. bis zum Anfang des 18. Jhs.
Die historische Zuordnung dieser Hütte ist dennoch unklar, da zeitgleich (von 1638 bis 1716) direkt im Ort Schwarzenberg die gut dokumentierte Glashütte Sonnenschlag in Betrieb war, für die ebenfalls eine Perlenproduktion belegt ist.
Die Glashütten von Schwarzenberg gehören aufgrund des Produktionsspektrums zur Gruppe der sogenannten „Patterlhütten“, deren typische Erzeugnisse Schmuckperlen und Rosenkranzperlen („Patterln“) waren und die neben dem Mühlviertel in den verschiedenen – auch angrenzenden – Teilen des Böhmerwaldes, im Oberpfälzer Wald, im Bayrischen Wald, im Gratzener Gebirge sowie auf der Böhmisch-Mährischen Anhöhe bestanden haben. Die in dieser Region hergestellten barockzeitlichen Perlen waren offenbar vorwiegend für den Export nach Übersee bestimmt, denn während sie im lokalen Siedlungsfundmaterial bislang eher fehlen, wurden schon zahlreiche Exemplare auf allen Kontinenten (abgesehen von Australien und der Antarktis) gefunden, besonders häufig jedoch in Nordamerika, wo sie vorwiegend in Siedlungen aus der Zeit zwischen 1670 und 1780 auftreten.

Veranstaltungen

  • Villa in Bestlage mit Mosaiken

    Do., 2. Oktober 2025, 18.30
    Vortrag im Stadtmuseum Wels Minoriten Agnes Aspetsberger, Stefan Traxler (beide OÖLKG) Astrid Stollnberger, Julia Rabitsch, Felix Lang (alle Universität Salzburg)
    Seit 2023 finden am Reinberg in Wels Ausgrabungen durch die Universität Salzburg und die OÖ Landes-Kultur GmbH in Kooperation mit dem Verein Römerweg Ovilava, dem Stadtmuseum Wels, der Gemeinde Thalheim und der Grabungsfirma ARDIS statt, um nähere Erkenntnisse zu einem römischen Gebäudekomplex zu gewinnen. Die bisher durch die Georadar-Messungen sowie Ausgrabungen erfassten Ruinen erstrecken sich auf eine Fläche von etwa 1.000 Quadratmetern.

  • Leben am Limes

    Do., 23. Oktober 2025, 18.30
    Vortrag in der Welser Straße 20 Alexander Habrich (Universität Wien)
    Eine zwischen 2020 und 2022 durchgeführte archäologische Untersuchung in Mautern brachte neue Erkenntnisse zur Siedlungsstruktur des römischen Vicus östlich des Kastells Favianis zutage.

  • Vindobona

    Do., 20. November 2025, 18.30
    Vortrag in der Welser Straße 20 Mag. Dr. Martin Mosser (Stadtarchäologie Wien)
    Archäologie in einer Großstadt wie Wien zu betreiben hat besondere Herausforderungen. U-Bahn-Bau, Infrastrukturmaßnahmen und unzählige Baustellen erfordern viel Fingerspitzengefühl und Durchsetzungsvermögen.

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Literatur

  • Neubau

    Urnenfelderzeitliche Gräber aus Neubau/Hörsching Studien zur Kulturgeschichte von Oberösterreich 45, Linz 2017

  • Hallstätter Beziehungsgeschichten

    Kerstin Kowarik mit Beiträgen von Michael Grabner, Julia Klammer, Konrad Mayer, Hans Reschreiter, Elisabeth Wächter und Georg Winner Hallstätter Beziehungsgeschichten. Wirtschaftsstrukturen und Umfeldbeziehungen der bronze- und ältereisenzeitlichen Salzbergbaue von Hallstatt/OÖ Studien zur Kulturgeschichte von Oberösterreich 50 Linz 2019

  • Römer im Attergau

    Franz Hauser, Stefan Traxler [Hrsg.] Die Römer im Attergau Kleine Schriften zur Kulturgeschichte von Oberösterreich, Folge 1 Linz 2018

  • Eisenzeiten 51

    Alfred Weidinger, Jutta Leskovar (Hrsg.) Interpretierte Eisenzeiten. Fallstudien, Methoden, Theorie. Tagungsbeiträge der 9. Linzer Gespräche zur interpretativen Eisenzeitarchäologie. Linz 2021

  • 978-3-205-20979-9_schmid.indd

    Christina Schmid Ergrabene Kontexte. Interpretationen archäologischer Fundzusammenhänge auf Burgen formate. Forschungen zur Materiellen Kultur Bd. 2 Wien – Köln – Weimar 2020.

  • Interpretierte Eisenzeiten. Fallstudien, Methoden, Theorie.

    Raimund Karl, Jutta Leskovar (Hrsg.)
    Interpretierte Eisenzeiten. Fallstudien, Methoden, Theorie Studien zur Kulturgeschichte von Oberösterreich 18, 19, 22, 31, 37, 42, und 47, 2004 – 2017

  • neubau_uk_studien_45

    Martina Reitberger-Klimesch
    Urnenfelderzeitliche Gräber aus Neubau/Hörsching Studien zur Kulturgeschichte von Oberösterreich 45, 2017

  • frühmia_studien_40

    Jutta Leskovar (Hrsg.)
    Frühmittelalter in Oberösterreich. Inventare aus den archäologischen Sammlungen des Oberösterreichischen Landesmuseums Studien zur Kulturgeschichte von Oberösterreich 40, 2016

  • lit_colloquium-baeder-S

    Stefan Traxler, Raimund Kastler (Hrsg.)
    Colloquium Lentia 2010: Römische Bäder in Raetien, Noricum und Pannonien. Beiträge zur Tagung im Schlossmuseum Linz, 6.–8. Mai 2010 Studien zur Kulturgeschichte von Oberösterreich 27, 2012

  • Varia Norica. Gesammelte Aufsätze 1969-2009, Forschungen in Lauriacum, Sonderband 2, 2010

    Gerhard Winkler
    Varia Norica. Gesammelte Aufsätze 1969-2009 Forschungen in Lauriacum, Sonderband 2, 2010

  • Prähistorische Textilkunst in Mitteleuropa. Geschichte des Handwerkes und der Kleidung vor den Römern, Veröffentlichungen der Prähistorischen Abteilung 4, 2010

    Karina Grömer
    Prähistorische Textilkunst in Mitteleuropa. Geschichte des Handwerkes und der Kleidung vor den Römern Veröffentlichungen der Prähistorischen Abteilung 4, 2010

  • Früchte der Venus. Begleitheft zur gleichnamigen Ausstellung im Museum Fronfeste

    Raimund Kastler, Felix Lang,
    Ingrid Weydemann (Hrsg.)

    Früchte der Venus Begleitheft zur gleichnamigen Ausstellung im Museum Fronfeste – Stadt Neumarkt in Kooperation mit dem Salzburg Museum / Landesarchäologie

  • Das frühbronzezeitliche Gräberfeld von Haid, Oberösterreich, Studien zur Kulturgeschichte von Oberösterreich 20, 2009

    Martina Maria Reitberger
    Das frühbronzezeitliche Gräberfeld von Haid, Oberösterreich Studien zur Kulturgeschichte von Oberösterreich 20, 2009

  • Die römischen Grabdenkmäler von Lauriacum und Lentia. Stein – Relief – Inschrift, Forschungen in Lauriacum 14, 2009

    Stefan Traxler
    Die römischen Grabdenkmäler von Lauriacum und Lentia. Stein – Relief – Inschrift Forschungen in Lauriacum 14, 2009

  • Späte Altsteinzeit im Linzer Raum, Linzer Archäologische Forschungen, Sonderheft 43, 2009

    Alexander Binsteiner,
    Erwin M. Ruprechtsberger

    Späte Altsteinzeit im Linzer Raum Linzer Archäologische Forschungen, Sonderheft 43, 2009