Do., 29. Juni 2023, 18.30
Vortrag im Museum Pregarten
Mag. Julia Klammer (Landschaftsarchäologin)
Das Aisttal ist ein im Mühlviertel gelegener Naturraum entlang der Aist, einem Fluss der im nordöstlichen Oberösterreich von der Tschechischen Grenze im Norden bis hin zur Donau im Süden fließt. Die Trasse des Gewässers wird als natürlich vorgegebene (prä-) historische Verkehrsachse angesehen, die den Donau- mit dem Moldauraum verband. Entlang ihres Transitkorridors haben sich diverse archäologische Spuren aus unterschiedlichen Zeiten im Boden erhalten. Diese Spuren darzustellen, zu erkennen, zu entschlüsseln, zu dokumentieren und zu interpretieren war Ziel eines 2019 durchgeführten Forschungsprojekts. So sollten zum einen bekannte Fundstellen überprüft, zum anderen aber vor allem unbekannte Fundstellen neu entdeckt werden.
Eine Beteiligung vieler Institutionen und Partner bereicherte das Projekt. Initiiert vom Tourismusverband Mühlviertler Kernland, wurde das genannte Forschungsvorhaben im Rahmen des Interregprojektes GrenzRad (ATCZ41) „Grenzenlos Radfahren am Grünen Band Europa“ umgesetzt. Als wichtigster Partner, Betreuer und Vermittler trat das Oberösterreichische Landesmuseum (heute OOELKG) mit Stefan Traxler und Jutta Leskovar auf. Ein weiterer Kooperationspartner war mit dem Bundesdenkmalamt und Heinz Gruber gefunden. Die operative Umsetzung erfolgte am Luftbildarchiv des Instituts für Urgeschichte und Historische Archäologie der Universität Wien unter der Leitung von Michael Doneus.
Die Projektarbeiten umfassten großflächig sogenannte Prospektionsarbeiten. Unter Prospektion versteht man das Suchen, Erkunden und Erfassen von archäologischen Stätten ohne diese in irgendeiner Form zu verändern, zu beschädigen oder gar zu zerstören. Auf diese Weise bleiben Fundstellen erhalten und können auch in späteren Jahren erneut untersucht werden. Die Prospektionsarbeiten wurden primär auf Basis eines präzise hochauflösenden digitalen Geländemodells durchgeführt. Dieses spiegelt ein qualitativ hochwertiges, genaues und detailliertes Bild der nackten Erdoberfläche wider, in dem sich nicht nur natürliche sondern auch künstliche, einst durch den Menschen geschaffene Konstrukte manifestiert haben. Auch einige archäologische Fundstellen konnten so im Boden überdauern und haben ihren Niederschlag im Relief hinterlassen. Mit Hilfe spezieller Visualisierungstechniken – Berechnungen und Kontraste – wird das Relief in Folge dargestellt, wodurch archäologische Fundstellen besonders gut sichtbar gemacht werden können. So ist es möglich, kulturelle Geländerelikte nicht nur direkt lokal vor Ort, sondern auch fernab am Schreibtisch und damit digital am Bildschirm zu erkennen und zu erfassen. Wie hoch und stark die Resonanz archäologischer Fundstellen im Unter¬suchungsgebiet entlang der Aist ist und wie groß das Spektrum versteckter Spuren der Vergangenheit im Aisttal streut, wird durch die umfangreichen Ergebnisse des Projektes dargelegt. Sie zeigen wie wertvoll diese Arbeit für die archäologische Wissenschaft ist, dass zunächst „leer“ erscheinende Räume nicht zwangsweise fundstellenleer sind und wie zahlreich und vielfältig sich archäologische Spuren in unserem Umfeld erhalten konnten.